„Atlantis“ oder die „Große Sesselfrau“ von GERDA FASSEL

 

VERWEGEN MUTIG RADIKAL

Dokumentarfilm
über

Künstlerinnen
der
Feministischen Avantgarde

 

Über den Film

Dokumentationsfilm, 2025
Regie: Susanne Riegler
Länge: 87 min

Mitwirkende KünstlerinnenRenate Bertlmann, Linda Christanell, Renate Eisenegger, VALIE EXPORT, Gerda Fassel, Sanja Ivekovic, Katalin Ladik, Karin Mack, Anita Münz, ORLAN, Florentina Pakosta, Margot Pilz, Ulrike Rosenbach, Lydia Schouten, Annegret Soltau, Gabriele Stötzer, Martha Wilson.


Als in den 1970er-Jahren weltweit Frauen aufstanden, um sich gegen Diskriminierung, Unterdrückung und tradierte Rollenvorstellungen zu wehren, waren auch viele Künstlerinnen darunter, die mit radikalen Performances, Foto- und Videoinszenierungen die patriarchalen Machtverhältnisse infrage stellten. Dafür wurden die Künstlerinnen vom männlich dominierten Kunstbetrieb verschmäht und belächelt, manche Galeristen empfanden feministische Kunst sogar als ‚Zumutung‘. Die US-amerikanische Performance-Künstlerin Martha Wilson erinnert sich, wie sie 1970 von einem der damals angesagtesten Sammler New Yorks, Ivan Karp, runter gemacht wurde, als sie ihm ihre Arbeiten vorlegte: „Warum zeigen Sie mir diese Arbeiten? Die sind schrecklich, ich würde die niemals zeigen!“ soll Karp die Künstlerin angebrüllt haben. Wilson: „Das war so traumatisch für mich, dass ich mit den Fototext-Arbeiten und der Foto-Performance aufgehört habe.“


VALIE EXPORT „Sehr interessant Frau Export, aber wen interessiert das?“

Um ihre Themen voranzutreiben, mussten die Künstlerinnen viel Langmut aufbringen. Selbst VALIE EXPORT, die bereits in den 1960er-Jahren mit ihren feministischen Aktionen international Aufsehen erregte, stieß sowohl in Österreich als auch in Deutschland mit ihrem Konzept einer feministischen Kunstausstellung auf Ignoranz und Desinteresse: „Sehr interessant Frau Export, aber wen interessiert das?“ war die immer gleiche Antwort, die sie von den Kultureinrichtungen bekam.

Wie konnten die Künstlerinnen so viel Diskriminierung und Kränkung aushalten? Woher nahmen sie die Kraft weiterzumachen? Fragen, denen der Film nachgeht. Zu den Antworten gehört, dass sich viele Künstlerinnen sowohl politisch organisierten als auch zu künstlerischen Kollektiven zusammenschlossen. Solidarität war überlebensnotwendig: „Wir haben ein Prinzip entwickelt solidarisch mit jeder Künstlerin zu sein, die eine Ausstellung hat – da gehen wir alle hin! Dadurch waren die Ausstellungen immer gut besucht. Diese Solidarität hat sehr lange angehalten und uns auch vor der Einsamkeit bewahrt“, erinnert sich die Wienerin Karin Mack.

In der ehemaligen DDR war für Künstlerinnen und erst recht für feministische die Realität eine ganz andere als im Westen. Susanne Riegler hat Gabriele Stötzer in Erfurt besucht, die unter dem Stasi-Regime nicht mehr als eine ‚Nummer‘ war.  Obwohl ‚Feminismus‘ einem kapitalistischen Schimpfwort gleichkam, war sie glücklich als ‚Feministin‘ bezeichnet zu werden, „denn da dachte ich, ich existiere!“

Gabriele STÖTZER: In der DDR war Feminismus ein kapitalistischer Ausdruck und ein Schimpfwort.

Es sind Künstlerinnen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Ungarn, Kroatien, den USA und Frankreich, deren durchwegs sehr persönliche, teils berührende aber auch erheiternde Erinnerungen erahnen lassen, wie sprühend und wirkmächtig diese Künstlerinnenbewegung der 1970er Jahre war.

Und hier kommt Gabriele Schor, die Gründungsdirektorin der SAMMLUNG VERBUND ins Spiel, deren Sammlungstätigkeit wesentlich dafür war, dass die Arbeiten der Künstlerinnen schlussendlich doch, wenn auch mit jahrzehntelanger Verspätung, ins Zentrum des öffentlichen Interesses gerückt sind. Im Film erzählt sie, warum sie früher als andere damit begonnen hat, feministische Werke aus dieser Zeit zu sammeln und wie sie als ‚Namensgeberin‘ der Feministischen Avantgarde auf den Begriff kam, der aus der Kunstgeschichtsschreibung inzwischen nicht mehr wegzudenken ist.

Die 87 Minuten lange Dokumentation ist nicht nur ein Film über eine jahrzehntelang ignorierte Kunstrichtung, sondern auch ein Zeitdokument, in dem Künstlerinnen als kulturpolitische Aktivistinnen, Akteurinnen der Frauenbewegung und als Zeitzeuginnen eine Rolle spielen.

Filmcredits:

Buch&Regie: Susanne Riegler I Kamera: Matthias Hirsch, Wout Kichler, Richard Opelka, Susanne Riegler I Schnitt: Edith Bachkönig, Stella Schäfer, Bernhard Koschier I Produktionsleitung: Julia Frank I Grafik Alexander Hovorka I Color Grading: Sabrina Winkler I Tonmischung: Daniel Grailich, Cosmix Studio I Schnittassistenz: Petra Kriechenbauer, Iris Pannagl I Sprecherin Karin Steger I Musik: Melissa Coleman I Produktion: Susanne Riegler Filmproduktion mit Unterstützung der SAMMLUNG VERBUND

 

Regiestatement

Ich habe mit dem Filmprojekt vor 9 Jahren begonnen, als im MUMOK erstmals die Ausstellung „Feministische Avantgarde der 1970er Jahre“ gezeigt wurde. Von der Radikalität, der Kraft und Aktualität die von den gezeigten Werken ausging, angespornt, machte ich als Fernsehjournalistin einen Bericht über die Ausstellung und musste bei der Gelegenheit feststellen, dass es im ORF-Archiv fast kein Material über die Künstlerinnen der 1970-er Jahre gab. Nicht einmal über die heimischen. Offenbar hat man deren Kunst nicht für ‚berichtenswert‘ erachtet. Folglich beschloss ich, ein Treatment für eine Film-Dokumentation zu verfassen und um öffentliche Fördermittel anzusuchen. Doch das Interesse für diesen Stoff war enden wollend. Also begann ich das Projekt auf eigene Kosten und traf die Künstlerinnen bei Ausstellungen und in ihren Ateliers zu Interviews. Dabei wurde mir mehr und mehr die ungebrochene gesellschaftspolitische Sprengkraft der Werke bewusst, die auch heute noch Gültigkeit haben. Etwa, wenn es um die ewigen Themen der Reproduktionsarbeit ‚Ehe-Kinder-Küche‘ oder die Objektifizierung der Frauen und ihrer Körper geht. Daher war mir wichtig, nicht nur das Selbstverständnis meiner Protagonistinnen als künstlerisch Schaffende, sondern auch als Rebellierende und Widerständige abzubilden, die patriarchale Regeln und Normen gebrochen und somit dazu beigetragen haben, dass die Welt für Frauen ein Stück weit gerechter geworden ist.

Als sich schließlich hunderte Stunden und zig-Terabytes an Drehmaterial angehäuft hatten und es auch schon einen Rohschnitt gab, aber immer noch keine Förderzusage gab, bot sich die SAMMLUNG VERBUND an, mich bei der Finalisierung des Filmprojekts finanziell zu unterstützen.

Es geht in der Dokumentation auch um das Phänomen der „Verbundenheit“: Denn trotz des Auf-sich-zurück-geworfen-Seins hatten die Künstlerinnen ohne Internet(!) so etwas wie einen virtuellen ‚Draht’ zueinander und drückten sich oft Kontinente voneinander entfernt gleichzeitig zu den gleichen Themen auf gleiche Weise aus. Ein Indiz dafür, dass es sich nicht nur um eine Kunstrichtung, sondern um eine gesellschaftspolitische Bewegung handelte.


Susanne RIEGLER mit Florentina PAKOSTA  

TERMINE

Stadtkino im Künstlerhaus Akademiestr. 13, 1010 Wien

  • 07.03.2025, 17 Uhr Film
  • 09.03.2025, 13 Uhr Film & Gespräch
  • 10.03.2025, 17:30 Uhr Film
  • 16.03.2025, 14:15 Uhr
  • 22.03.2025, 16:00 Uhr

Admiral Kino Burggasse 119, 1070 Wien

  • 19.03.2025, 19:30 Uhr Film & Gespräch
  • 21.03.2025, 18:30 Uhr Film
  • 23.03.2025, 16:30 Uhr Film
  • 25.03.2025, 18:30 Uhr Film
  • 27.03.2025, 16:45 Uhr Film
  • 30.03.2025, 18:15 Uhr Film
  • 31.03.2025, 17:30 Uhr Film
  • 03.04.2025, 20:15 Uhr Film